
Männer werden im Netz häufig als Alphas oder Betas klassifiziert. Alphas sind selbstbewusst, attraktiv, ehrgeizig und erfolgreich, wohingegen Betas schüchtern, unansehnlich, antriebslos und erfolglos sind. Solche Modelle gibt es in allen möglichen Variationen und Differenzierungsstufen. Das Rangdynamische Positionsmodell des österreichischen Psychotherapeuten Raoul Schindler (1923-2014) eignet sich auch zur Veranschaulichung gesamtgesellschaftlicher Gruppendynamik. Dort wird ebenfalls auf griechische Buchstaben für die einzelnen Rangstufen zurückgegriffen, diese aber deutlich anders definiert.
Alpha (Anführer)
Alphas sind die charismatischen Anführer der Gruppe. Sie prägen die Weltsicht der Gruppe, indem sie den Blickwinkel vorgeben, aus dem die Welt betrachtet und bewertet wird. Ihre Sicht der Dinge bestimmt die Werte und Ziele der Gruppe.
Beta (Experten)
Betas sind durch ihr Fachwissen die Adjutanten von Alpha. Sie begründen und verfeinern als Experten die von Alpha vorgegebenen Sichtweisen, Werte und Ziele. Zudem erarbeiten sie Wege zur Umsetzung. Betas haben eine bevorzugte Stellung als Elite.
Gamma (einfaches Volk)
Aus Gammas besteht die breite Masse der Gruppenmitglieder. Auf ihnen beruht die Macht von Alpha. Sie setzen seine Ziele um, leben nach seinen Werten und betrachten die Welt aus seinem Blickwinkel. Dafür erwarten sie über erfolgversprechende Pfade geführt zu werden.
Omega (Skeptiker)
Omegas haben eine andere Sicht der Dinge als Alpha. Sie werden als Störenfriede wahrgenommen, können aber auch neue Perspektiven eröffnen.
ω-Position
Ist ein Gamma mit der Führung durch Alpha unzufrieden und äußert zu lautstark Kritik, dann sinkt er als Prügelknabe und Sündenbock in die Omega-Position herab. Ihm wird durch seine angebliche Quertreiberei die Schuld an den Problemen zugeschoben. Über kurz oder lang wird er aus der Gruppe ausgeschlossen. Ein Gamma in der Omega-Position muss also seinen Arsch für die Probleme der Gruppe hinhalten. Darum lässt er sich gut mit dem griechischen Kleinbuchstaben für Omega versinnbildlichen, denn dieser sieht wie ein Hintern aus: ω
Ω-Position
Etwas anders gelagert ist es, wenn die Kritik von einem Beta stammt. Dank seiner Expertise kann er eine alternative Sichtweise rhetorisch geschliffener darlegen und sachlich besser begründen. Betas in der Omega-Position bilden im Idealfall den Gegenpol zu Alpha und zeigen alternative Pfade auf. Sie wirken daher als wertvolles Korrektiv gegen Betriebsblindheit, werden von der Gruppe aber bestenfalls zähneknirschend geduldet, weil sie das Vertrauen in Alpha erschüttern. Oftmals werden sie darum aus dem Diskurs ausgeschlossen und ignoriert. Die Funktion dieser Betas lässt sich gut mit dem griechischen Großbuchstaben für Omega versinnbildlichen, der hufeisenförmig zwei getrennte Pfade zeigt: Ω
Gesellschaftliche Spaltung
Gerät ein in Ungnade gefallener Alpha in die Omega-Position, dann kann er zum Kristallisationspunkt für andere Unzufriedene aus der Gruppe werden, was zur Aufspaltung in zwei Gruppen führt. Um dies zu vermeiden, wird häufig versucht, ein Exempel an ihm zu statuieren. Je höher seine vorherige Position war und je tiefer der Fall ist, desto abschreckender wirkt sein Beispiel. Das schließt die Reihen zeitweilig wieder und lässt weitere Kritik vorerst verstummen.
Veranschaulichende Zusammenfassung
In der gesellschaftlichen Gruppendynamik gibt es also folgende Rollen:
- Alphas in Form von Politikern, Geistlichen, Prominenten etc.
- Betas in Form von Journalisten, (Hoch-)Schullehrern, Aktivisten etc.
- Gammas in Form von Durchschnittsbürgern.
- Omegas in Form von Sündenböcken(ω) oder Freigeistern (Ω).
Dialektik
In verschiedenen philosophischen Denkschulen wird eine dialektische Herangehensweise gelehrt. Grob gesprochen wird in der Dialektik betrachtet, was für eine Sache spricht. Dies ist die These. Dann wird betrachtet, was gegen eine Sache spricht. Dies ist die Antithese. Nun wägt man These und Antithese gegeneinander ab und gelangt so zu einer Synthese, die vereinfacht dargestellt drei Ausprägungen haben kann:
- Widerlegt eine Seite die andere, dann ist sie richtig.
- Widerlegen sich beide Seiten gegenseitig, dann sind sie beide falsch.
- Haben beide Seiten gute und schlechte Aspekte, dann werden die guten Teilaspekte kombiniert und die schlechten verworfen.
Die Antithese bzw. die Omega-Position wird in der Dialektik also als notwendiger Teil des Erkenntnisprozesses angesehen.
Advocatus Diaboli
Selbst im „finsteren“ Mittelalter war die Herangehensweise dialektisch. Sollte jemand heiliggesprochen werden, traten im Kanonisierungsprozess zwei Geistliche auf. Einer vertrat als Advocatus Dei (Anwalt Gottes) die These, dass die Heiligsprechung gerechtfertigt sei. Der Andere vertrat als Advocatus Diaboli (Anwalt des Teufels) die Antithese, dass dies ungerechtfertigt sei. Durch Abwägung des Für und Wider kam man dann zu einer Synthese, ob die Kanonisation tatsächlich durchgeführt werden sollte.
Ohrenbläser
Nach ihrem Langen Marsch durch die Institutionen haben die Linken ihre Ideale und Ziele pauschal heiliggesprochen. Jemand, der weiterhin traditionelle Sichtweisen vertritt, wird nicht einfach als Advocatus Diaboli in der antithetischen Omega-Position gesehen, sondern verteufelt und mit der Nazi-Keule zu exorzieren versucht (Repressive Toleranz).
Daraus ergibt sich der Name für meinen Blog. Ein Ohrenbläser facht angeblich hirnverbrannte Ideen an, damit der Funke auf andere Strohköpfe überspringt. In Wahrheit jedoch lässt er den Leuten ein Licht aufgehen.
